Zeugnisverweigerungsrecht für die Soziale Arbeit

Wir, die Jusos Baden-Württemberg, schließen sich den Forderungen des am 28. Januar 2020 gegründeten Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht an und fordern andere Gliederungen der SPD dazu auf, sich dieser Forderung anzuschließen.

  1. Reform des § 53 Strafprozessordnung (StPO) durch Aufnahme der Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit in die geschützten Berufsgruppen des § 53 Absatz 1 StPO.
  1. Zusätzliche Aufnahme entsprechender Verschwiegenheitspflichten als arbeitsrechtliche vertragliche Nebenpflichten in die Arbeitsverträge aller Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit.
  1. Bis zur Realisierung einer Reform des § 53 StPO werden die Arbeitgeber*innen aufgefordert, die bestehenden Möglichkeiten zur Nichterteilung einer Aussagegenehmigung in vollem Umfang auszuschöpfen. Die Bereitstellung eines rechtsanwaltlichen Zeugenbeistands für betroffene Mitarbeiter*innen muss obligatorisch sein.

Begründung:

Die Auswirkungen des Fehlens eines solchen Rechts konnten zuletzt bei der vertrauenszerstörenden Vorladung der Mitarbeitenden des Fanprojekt Karlsruhe beobachtet werden. Durch das rücksichtslose Vorgehen wird hier – aber auch in jedem anderen Fall – billigend in Kauf genommen, teils jahrelanger Vertrauensaufbau zunichtezumachen und damit wichtige sowie wirksame präventive sozialarbeiterische Arbeitsweisen an sich zu verunmöglichen. In der Praxis kann das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht bis zur Beugehaft von Fachkräften der Sozialen Arbeit führen, die gegen ihre eigene Klientel aussagen müssen. Selbstverständlich ist damit nicht gemeint, dass es eine Zeugnisverweigerungspflicht gibt. In schwerwiegenden Fällen kann ein*e Sozialarbeiter*in nach wie vor aussagen.

Aus der Gründungserklärung des Bündnisses heißt darüber hinaus:

„Praktiker*innen und Berufsverbände sehen seit Jahrzehnten die Notwendigkeit der Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiter*innen. Dessen Fehlen erweist sich insbesondere in jenen Arbeitsfeldern als besonders problematisch, in denen die Adressat*innen vermehrt dem Verdacht ausgesetzt sind, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu begehen. Probleme gibt es auch in Arbeitszusammenhängen, in denen Sozialarbeiter*innen regelmäßig im Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden stehen. Schon in Kommentierungen zum SGB VIII wird unterstrichen, dass das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht ein Rudiment aus Zeiten sei, „in der das Jugendamt noch als ‚Helfer des Gerichts‘ angesehen wurde“. Ein aktuelles Rechtsgutachten unterstreicht die Dringlichkeit des Anliegens.“