Antrag zur Juso Landesdelegiertenkonferenz am 24. und 25. Juni 2017 in Mannheim
Adressat: SPD Landesparteitag/Landesdelegiertenkonferenz Baden-Württemberg, Juso Bundeskongress, SPD Bundesparteitag
Antrag zur Juso Landesdelegiertenkonferenz am 24. und 25. Juni 2017 in Mannheim
Adressat: SPD Landesparteitag/Landesdelegiertenkonferenz Baden-Württemberg, Juso Bundeskongress, SPD Bundesparteitag
Antrag:
Berufsausbildung in Deutschland ist vielfältig. Es gibt Ausbildungen in wirtschaftlichen Bereichen wie Drogistinnen, Industrieunternehmen bilden in technischen Berufen Industriemechanikerinnen und in IT-Bereichen Fachinformatiker aus. Handwerksbetriebe ermöglichen der Bäckerin, soziale Einrichtungen dem Altenpfleger einen Einstieg in das Berufsleben. Wir haben seltene Ausbildungsberufe wie Milchtechnologinnen, Fischwirte und Hörgeräteakustikerinnen.
Alle 327 in Deutschland anerkannten Ausbildungsberufe stehen vor großen Herausforderungen. Mehr junge Menschen ziehen ein Studium einer Ausbildung vor, weniger Betriebe bilden selbst aus und die duale Ausbildung wird weiter akademisiert. Auf der anderen Seite haben auch Auszubildende berechtigte Forderungen, sie wünschen sich beispielsweise qualifiziertes Ausbildungspersonal, eine faire Ausbildungsvergütung und flexible Ausbildungszeiten. Ebenso bringen die Veränderungen im Arbeitsleben durch die Digitalisierung neue Herausforderungen für eine gute Ausbildung mit sich.
Wir Jusos haben deshalb Forderungen, wie die Qualität der Ausbildung verbessert werden, wie duale Studiengänge als betriebliche Ausbildung anerkannt werden sollen und wie das duale System der Berufsausbildung in Deutschland eine stärkere gesellschaftliche Akzeptanz und Wahrnehmung erhält.
Zukunftsorientiertes Ausbildungspersonal
Einer der wichtigsten Aspekte innerhalb der Ausbildung ist die Zukunftsorientierung. Viele Auszubildende lernen im Rahmen ihrer betrieblichen Ausbildung an Maschinen aus dem letzten Jahrtausend. Neben der fehlenden technischen Ausstattung sind auch AusbilderInnen nicht immer ausreichend qualifiziert. In den Betrieben muss das Ausbildungspersonal auf die Inhalte vorbereiten, die die Auszubildenden für einen zukunftsorientierten Abschluss benötigen. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass wir in 2030 noch Fachkräfte für die anfallende Arbeit haben.
Wir fordern daher:
Dieser Aspekt ist allerdings nicht nur im Betrieb wichtig. In Baden-Württemberg wurde durch das damals SPD-geführte Wirtschaftsministerium die Initiative „Lernfabrik 4.0“ an Berufsschulen gestartet. Mit dem gezielten Programm sollen jungen Menschen auf das Themenfeld Industrie 4.0 vorbereitet werden. Mittlerweile werden die ersten Maschinen in Berufsschulen aufgebaut. Damit ist es allerdings nicht getan. Die Lehrkräfte müssen wissen, wie die Maschinen zu bedienen sind und wie eine vernetzte Fertigung im Unterricht Auszubildenden vermitteltet werden kann. Die Lehrkräfte haben bisher allerdings zu wenig Zeit und Unterstützung, um diese wichtigen Themen für die Zukunft junger Menschen vorzubereiten und anschließend zu vermitteln.
Wir fordern daher:
Moderne und kostenfreie Ausbildungsmittel
Gute Bildung darf nicht vom eigenen Einkommen abhängen. Daher ist in den Landesverfassungen die Lehrmittelfreiheit für Berufsschulen geregelt. Weiterhin regelt das Berufsbildungsgesetz die Kostenübernahme von Lehrmitteln durch die Ausbildenden. In Schulen werden häufig nur veraltete Bücher angeboten, und in Betrieben werden bei Weitem nicht alle benötigten Ausbildungsmittel bereitgestellt. Dual Studierende und Auszubildende müssen daher große Summen für Bücher oder Skripte aufwenden, um effektiv am Unterricht teilzunehmen.
Wir fordern daher:
Faire Zeiten für eine qualifizierte Ausbildung
Auszubildende besuchen zum erfolgreichen Erreichen des Ausbildungsziels die Berufsschule. Dafür müssen sie vom Arbeitgeber freigestellt werden. Im Jugendarbeitsschutzgesetz ist die Anerkennung der Berufsschulzeit als Ausbildungszeit geregelt, wenn die Schule mindestens 5 Schulstunden dauert. Das Gesetz gilt allerdings nur für minderjährige Auszubildende. Außerdem ermöglicht es Ausbildungsbetrieben einen Gestaltungsspielraum, wodurch manche Auszubildende die Berufsschule in ihrer Freizeit besuchen müssen.
Wir fordern daher:
Über die Inhalte in diesen Zeiten in der Berufsschule und über die absolvierte betriebliche Ausbildung werden Nachweise geführt. Bisher ist das Führen der Ausbildungsnachweise, gemeinhin als Berichtsheft bezeichnet, in den einzelnen Ausbildungsordnungen geregelt. Da jede Ausbildungsordnung in Deutschland unterschiedlich ist, sind auch die Regelungen zu Ausbildungsnachweisen verschieden. In den Mustern für Ausbildungsordnungen sind Hinweise enthalten, dass ein Ausbildungsnachweis zu führen ist. Die Nachweise sind für Auszubildende allerdings nicht weitreichend genug, um damit ihre absolvierte Berufsausbildung nachzuweisen.
Wir fordern daher:
Ausbildende sind Ausbildende – Verpflichtende Qualifikation für Ausbildungspersonal
AusbilderInnen in Deutschland müssen für diese Tätigkeit geeignet sein. Im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und in der Handwerksordnung (HWO) sind daher Anforderungen an das Ausbildungspersonal geregelt. Es ist vorgeschrieben, dass AusbilderInnen persönlich, fachlich und arbeitspädagogisch geeignet sein müssen. Es fehlt bisher eine gesetzliche Definition dazu, wie die arbeitspädagogische Eignung aussieht und wie diese nachgewiesen wird. Weiterhin gibt es keine Regelung zur Betreuungsquote zwischen Ausbildenden und Auszubildenden. Nur mit klaren Vorgaben kann eine gute Ausbildung sichergestellt werden.
Wir fordern deshalb:
Gute Ausbildung braucht klare Regeln
In Gesundheits- und Pflegeberufen haben wir einen großen Fachkräftemangel. Eine Besserstellung dieser Ausbildungsberufe und eine damit verbundene Aufwertung und Qualitätsverbesserung sowie Vereinheitlichung der Regelungen würde die Attraktivität dieser Berufszweige wieder deutlich erhöhen. In einer Gesellschaft mit einem größer werdenden Dienstleistungssektor und zunehmenden Anzahl an älteren Menschen ist das für uns nur konsequent.
Wir fordern deshalb:
In Deutschland werden viele und vor allem sehr unterschiedliche Formen von praxisnahen Studiengängen als „duales Studium“ bezeichnet. Junge Menschen, die ein duales Studium beginnen, haben unterschiedliche Zeiten an denen sie an der Hochschule studieren und Zeiten, in denen sie in Betrieben und Einrichtungen praxisnahe Erfahrungen sammeln können. Bei manchen dieser Kooperationen sind die Studierenden gleichzeitig Auszubildende, die am Ende einen Ausbildungsabschluss und einen Studienabschluss erlangen. Es fehlen allerdings einheitliche Regelungen zu diesen Formen der Kooperation zwischen Hochschule, Betrieb und Berufsschule und gesetzliche Regelungen zum Status der jungen Menschen.
Wir fordern deshalb:
Ausbildung als Einstiegsperspektive
Viele junge Menschen fühlen sich nach dem Abitur dazu gezwungen, ein Studium zu beginnen. Das liegt vor allem an den Befürchtungen späterer Einbußen in der beruflichen Karriere. Außerdem fehlt in der Gesellschaft eine Akzeptanz für die Aufnahme einer Ausbildung nach dem Abitur. Daher muss vor allem bei Schulen damit begonnen werden, wieder stärker über die vielfältigen Möglichkeiten der dualen Ausbildung in Deutschland zu informieren.
Im Studium wechseln Studierende häufig das Studienfach, ohne sich über die Möglichkeiten einer (dualen) Ausbildung nach dem Abbruch des Studiums zu informieren. Während die Durchlässigkeit nach einer Ausbildung ein Studium aufzunehmen vorhanden ist, fehlen klare Möglichkeiten in der anderen Richtung. Viele AbbrecherInnen eines Studiums vermissen einen praktischen Anteil, welcher bei der Ausbildung vorhanden ist. Studierende, die über einen Abbruch nachdenken, müssen deshalb gezielt Informationen zu Ausbildungsgängen und den dortigen Einstiegsmöglichkeiten erhalten. Das kann durch eine klare Informationspolitik an den Universitäten und Hochschulen sichergestellt werden.
Wir fordern deshalb:
Auch junge Menschen mit Beeinträchtigungen haben eine Chance verdient und damit ein Anrecht auf einen Anstieg in die Berufsausbildung. Für Beschäftigte gibt es in der Sozialgesetzgebung klare Regelungen, um Arbeitsplätze mit Menschen mit Beeinträchtigungen zu besetzen. Diese verpflichtenden Regelungen gelten allerdings nicht für die Berufsausbildung. Für uns ist die Berufsausbildung der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Um inklusive Ansätze in der beruflichen Bildung zu verbessern, muss hierzu die gesetzliche Lage verbessert werden.
Wir fordern deshalb:
Nur mit diesen Forderungen kann die duale Berufsausbildung in Deutschland offen für alle sein, eine hohe Qualität sicherstellen und fit für die Zukunft gemacht werden.
Begründung: erfolgt mündlich